Ulrich Günthers Forschungsgruppe

Unsere Forschung konzentriert sich auf die Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) und die NMR-basierte Metabolomik, um Stoffwechselwege, metabolische Flüsse, Glykoproteinsignaturen und Biomarkerprofile in einer Vielzahl biologischer und klinischer Proben zu untersuchen. Wir nutzen und entwickeln NMR-Methoden für die Metabolomik und die Analyse metabolischer Flüsse weiter, einschließlich Screening-Ansätzen und der Untersuchung metabolischer Veränderungen in Tumorzellen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Entwicklung neuer Glykoprotein-Methoden sowie die Identifizierung von Biomarkern in verschiedenen klinischen Kohorten wie Krebs, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, NASH und Parkinson. Darüber hinaus entwickeln wir rechnergestützte Werkzeuge für die Proteo-Metabolomik, die unter anderem die Spektrenverarbeitung mit Matlab, Lineshape-Fitting zur Quantifizierung und statistische Auswertungen umfassen. Ein zusätzlicher Teil unserer Arbeiten ist der Aufklärung von NMR-Signaturen unterschiedlicher Probenmaterialien gewidmet, darunter Blutserum und -plasma, Urin und Stuhl.

Bisherige und aktuelle Forschung

Die NMR-Spektroskopie ist eine etablierte und leistungsfähige Methode für die Metabolomik biologischer Proben, insbesondere von Blut. NMR-Spektren von Blut enthalten Signale von niedermolekularen Metaboliten, Lipoproteinen sowie zwei charakteristische Resonanzen, die von Acetylgruppen proteinständiger Glycane stammen und als GlycA und GlycB bezeichnet werden. Diese Signale entstehen durch Glycane, die eine Reihe bekannter und hochabundanter Akute-Phase-Proteine modifizieren, und wurden bereits als diagnostische Marker vorgeschlagen, insbesondere im Bereich der kardiovaskulären Erkrankungen. Ihre deutliche Reaktion auf entzündliche Prozesse, wie sie während der COVID-19-Pandemie beobachtet wurde, unterstreicht ihre diagnostische Relevanz und motivierte uns, Ursprung und Bedeutung dieser glykanassoziierten Signale detailliert zu untersuchen.

 

In jüngster Zeit haben wir eine neue NMR-Methode zur quantitativen Analyse von Glykoproteinsignaturen in Blutserum entwickelt, die neue Möglichkeiten für medizinische und diagnostische Anwendungen eröffnet. In einer Publikation in Angewandte Chemie konnten wir zeigen, wie sich GlycA/B-Signale dekonvolutieren lassen, um quantitative Informationen über die Art der Glykosylierung und die zugrunde liegenden glykosylierten Proteine zu gewinnen. Dieser Ansatz bietet erhebliches Potenzial für die Biomarkerforschung, da die vorgeschlagene NMR-Analyse schnell, kostengünstig und direkt an nativem Serum oder Plasma durchgeführt werden kann. Insgesamt untersucht unsere Forschung weiterhin die diagnostische und biologische Relevanz metabolischer und glykanbezogener NMR-Signaturen in verschiedenen klinischen Kontexten.

 

Die Entwicklung neuer Biomarker wird durch unsere enge Zusammenarbeit mit klinischen Partnern und die konsequente Translation in diversen Kohortenstudien vorangetrieben. Mit unserer patentierten, NMR-basierten Technologie zur Zuordnung und Quantifizierung glykoproteinspezifischer Beiträge und Glykosylierungsmuster in Blutserum/-plasma streben wir die Identifizierung und Validierung von Biomarkerprofilen für ein Spektrum von entzündlichen bis onkogenen Pathologien an. Dazu zählen unter anderem chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, die Parkinson-Erkrankung, systemische Sklerose sowie MASLD und deren Progression bis hin zum hepatozellulären Karzinom sowie weitere Krebserkrankungen wie das kolorektale Karzinom, Cholangiokarzinom, uveales Melanom und multiples Myelom.

Die methodische Strategie kombiniert standardisierte Hochdurchsatzmessungen (IVDr-Plattform), robuste, automatisierte Signaldekonvolution und Quantifizierung sowie Validierung gegen orthogonale Referenzanalytik (z. B. UHPLC–MS). Hervorzuheben ist zudem die enge Kooperation mit Prof. Dr. med. Astrid Petersmann (Oldenburg) und Prof. Dr. med. Matthias Nauck (Greifswald): Durch zusätzliche 600-MHz-IVDr-Messkapazitäten stehen uns im Verbund insgesamt vier standardisierte Systeme zur Verfügung – eine zentrale Voraussetzung, um als North German NMR Alliance groß angelegte epidemiologische Studien gemeinsam, harmonisiert und skalierbar zu vermessen und standortübergreifend reproduzierbare Biomarker zu identifizieren.

Untersuchung glykosylierungsbezogener Blutprofile bei verschiedenen entzündlichen und onkogenen Pathologien mit unserer NMR-Glykoplattform